Von Gregor Heinrich
Heute ist kein guter Tag für Romeo, Fotograf am National Golf Club in Belek – bisher jedenfalls. Keine der Golferflights ist bisher auf sein Angebot eingegangen, ein Gruppenfoto am Abschlag zu machen, oder sich nach dem erfolgreichen Einlochen vor dem Clubhaus ablichten zu lassen.
Südländer sind da etwas sind offener, meint Romeo, aber Skandinavier, Deutsche, Engländer haben oft nur eins im Kopf: Eine Runde auf einem der – so sagt man – anspruchsvollsten Golfplätze in der Region zu spielen.
Der National Golf Club ist auch der älteste in Belek. Eröffnet wurde der Platz 1994, entworfen von Ryder Cup Spieler David Feherty and Seniors Tour Spieler David Jones. Damals, als die Gegend unweit von Antalya noch nicht mit „Resorts“ und Hotelburgen bebaut war, muss es recht exklusiv zugegangen sein. Davon zeugt das heute regelreicht kleine und ein wenig „englisch“ anmutende Clubhaus, die einfachen Umkleideräume und der – im Vergleich zu den anderen 15 Golfanlagen an der Bucht – geradezu spartanische Pro-Shop.
Hierhin kommt man wohl wirklich nur zum Golfen und zum Drink danach auf der Terrasse. 1996 und 97 wurde hier ein PGA Turnier der European Seniors ausgetragen und nach wie vor finden Spitzen-Amateur Teams hier ihre Herausforderungen. Die Anlage gehört heute zur Regnum-Gruppe, zu der auch der nahe Carya Golf Club gehört, in den letzten Jahren Austragungsort des PGA Turkish Open.
Maximal 250 bis 300 Spieler und Spielerinnen kann der National am Tag auf seinen inzwischen 27 Löchern beglücken. Etwa 70 Mitarbeiter sorgen dafür, dass Fairways und Greens auf sehr gutem Niveau gehalten werden, und 6 Seen und einige Wasserläufe sorgen dafür, dass der Golfballverkauf nicht ausstirbt.
Grosse Preise hat der Platz in den vergangenen Jahren nicht mehr gewonnen. Zu gross ist inzwischen die Konkurrenz, aber das heisst nicht, dass die alten Qualitäten nicht weiter bestünden. Im Jahr 2000 gab das UK Golf World Magazine dem Platz Rang 42 (weltweit). Die deutsche Zeitung „Die Welt“ meinte im Jahr 2000, dass dies der neuntbeste Golfplatz an der europäischen Mittelmeerküste sei. Aber Hauptsache ist doch, dass man Spass haben kann.
Und alle möchten das Loch 2 spielen, ein wahres „signature hole“: ein Par 3 fast ausschliesslich über einen See hinweg auf ein Inselgrün. Da war meine Freude gross, als mein Ball gleich beim ersten Versuch auf dem Grün landete, nachdem ich einige andere Spieler und Spielerinnen beim lauten oder lautlosen Fluchen am Abschlag gefilmt hatte.
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Fast um die Ecke liegt der Titanic Golf Club, zufällig der zweitälteste Golfplatz in Belek. Ursprünglich gehärte er zum Crystal Tat Hotel. Doch vor ein paar Jahren wurde die Golfanlage er vom Eigentümer des Titanic Hotels gekauft, das nun direkt an den Golfplatz anschliesst und wie dieser direkt am Fluss liegt. Der türkisch-stämmige Eigentümer fing offenbar vor vielen Jahren in Berlin mit einer Döner-Bude an, woraus eine Kette von Döner Buden, dann Restaurants und nach weiterem Wachstum, nebst einem Hotel in Berlin und Istanbul, diese grosse Investition in der Türkei hervorging. In dem Resort habe ich nicht gewohnt, wohl aber einige Male den Golfplatz besucht. (Anmerkung: Die Anlage wurde seit erstem Erscheinen des Artikels umgestaltet. Die am Meer gelegenen Bereiche gehören nun zum „Cullinan Links“).
Neben mir hechelt Tony aus Schottland und weitere seiner Golfkumpels aus Schottland, Golfschläger auf dem Rücken. Diese „single-handicapper“ sind schon das dritte Mal hier und scheinen ebenso wie ich begeistert zu sein.
Die Fairways auf dieser ersten 27-Loch Golfanlage der Türkei sehen nicht ganz so „maniküriert“ und gedüngt aus, wie im nahen National, aber der Titanic ist der einzige Golfplatz, der am Fluss liegt, und nicht nur das: er liegt auch direkt am Mittelmeer. Das kann kein anderer Golfplatz in der Bucht von Belek bieten. Die drei 9-Loch Bahnen, beliebig kombinierbar, heissen daher nicht von ungefähr: Mediterranean, Forest und River. Und mittendrin das Clubhaus.
Auch das ist eine Besonderheit. Bei den anderen Clubs liegt das Clubhaus zumeist am Rand der Anlage, nahe der Strasse. Die zentrale Lage des Clubhauses sorgt hier dafür, dass jede Bahn immer wieder zum Clubhaus zurückkehrt, zu der nicht nur ein nettes Restaurant, Kamin-Ecke und eine grosszügige Terrasse sondern auch ein recht grosses Schwimmbad gehört, an heissen Tagen bestimmt eine willkommene Abkühlung nach getaner Golfarbeit.
Nun aber ist die Terrasse voll und ich höre Schwedisch, Finnisch, viel Englisch, Französisch und vereinzelt Deutsch. Ich vermute mal, es wird darüber fachsimpelt, wie grandios der weite Schlag über eines der Seen war, oder wie trotz Windes an den Bahnen, die am Strand liegen, der Ball auf eines der trickreich ondulierten Grüns gelandet war, oder wie einem der Rückenwind dann zur Belohnung einen sensationell weiten Abschlag beschert hat, nicht zu vergessen den beruhigenden Blick auf den (noch) natürlichen Wald auf der anderen Seite des Flusses oder die – jetzt im April – noch schneebedeckten Gipfel des Taurus Gebirges im Hintergrund.
Da die Bahnen insgesamt recht breit angelegt und nicht, wie viele der anderen Plätze hier, in den Pinienwald geschnitten sind, werden einem oft auch ungenaue Abschläge verzeihen. Dafür haben andere Bahnen doch auch ein beliebtes Grab für Bälle, sei es ein breiter Wassergraben vor einem der Grüns, oder halt die Strecken am Fluss entlang.
Die Idee ist ganz klar: hier ist das Spiel sehr abwechslungsreich, herausfordernd, aber nicht übermässig frustrierend. Schliesslich sind die meisten Gäste Urlauber oder Afficcionados, die dem nordeuropäischen Winter entfliehen oder sich auf die Saison vorbereiten. Das Spiel soll ja auch Freude machen, und bis zu 350 Spieler und Spielerinnen sind hier am Tag in der Hochsaison unterwegs. Und so kommt auch die Gruppe deutsch-türkischer Geschäftsleute, mit denen ich auch spielen konnte, zweimal im Jahr zusammen mit ihrem Trainer hierher.
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