VON JUPP SUTTNER /// Am bevorstehenden Wochenende 31. Juli/1. August steigt im Münchner Nordosten ein Ereignis der besonders spannenden Art: Auf der Anlage des Golfparks Aschheim findet die Int. Bayerische Meisterschaft für Golfer/innen mit Behinderung statt! Und: „Zuschauer“, so der Bayerische Golfverband, „sind willkommen – Eintritt frei!“ Es haben mehr als 50 Teilnehmer/innen aus 7 Nationen gemeldet.
Dieses Championat fand bereits mehrmals in Aschheim statt, denn dort bemüht man sich seit langer Zeit ganz besonders intensiv darum, den Golfer/innen mit Behinderung ein schönes Spiel und Barrierefreiheit zu bieten. Neueste Errungenschaft 2021, einmalig in ganz Bayern:
Ein Lift, der es ermöglicht, sich zur berühmten Sonnenterrasse des Clubrestaurants transportieren zu lassen! Ermöglicht wurde diese bemerkenswerte Investition von 25.000 Euro unter anderem von den Volksmusik-Stars Marianne & Michael Hartl mit ihrer Stiftung „Frohes Herz“ sowie vom Golfpark-Förderverein.
Anlässlich eines Medientages legten die beiden noch einen weiteren Scheck in Höhe von 5.000 Euro hinzu! Auf dem Foto (Copyright GP Aschheim/FS Sayegh PR) freuen sich die beiden gemeinsam mit der klasse Golferin Kerstin Schulz (im Rollstuhl) über die (gleichfalls abgebildete) Liftneuheit. Schulz‘ Schläge nicht nur aus dem Bunker faszinierten an besagtem Pressetag ihre drei journalistischen Mitspieler aufs Höchste.
Aschheim-Geschäftsführer Jochen Hornig, der den Bau an der Sonnenterrasse trotz der Pandemie vorantrieb: „Ich bin überwältigt! Die Idee zu dem Lift entstand vor Jahren bei den letzten internationalen Bayrischen Behinderten-Meisterschaften. Damals mussten wir vor allem die Rollstuhlfahrer immer per Hand auf die Terrasse heben. Ich danke Marianne und Michael für diese große Geste!“
Experten betrachten diese Lift-Neuheit als weiteren Aschheimer Meilenstein in punkto Inklusion. Ein vom Rotary Golfclub Deutschland für Interessenten bereitgestellter Paragolfer komplettiert die erfolgreiche, beispielhafte Inklusionsarbeit der Golfparks. Respekt!
Der auch den Golfer/innen mit Behinderung gilt. Wie fröhlich es sich anfühlt, eine gemeinsame Runde zu drehen, geht aus einer Reportage hervor, die ich im Jahre 2015 für die Zeitschrift DRIVE schrieb – bitte sehr:
WENN BLINDE
ÜBER BLINDE LÖCHER
REDEN
Es ist eine Weltpremiere: Journalisten spielen im Golfpark Aschheim ein Golfturnier mit Behinderten. Je 2 Gehandicapte und 2 Reporter bestreiten gemeinsam 18 Löcher. Meine Medien-Flightpartnerin heißt Yvonne und wirkt vier Jahrzehnte jünger als ich. Gegen ihre makellose Haut wirkt die meine wie Wirsing. Wir treffen auf Ivars (blind) und Gerhard (MS). Ivars fragt Yvonne und mich: „Seid ihr ein Paar?“. Gerhard gluckst: „Ihr müsst entschuldigen, aber der ist blind…“
Dann schlagen wir ab. Ivars ist ein ehemaliger Eishockey-Profi des Krefelder EV und spielte noch mit bzw. gegen Schloder und Kühnhackl. Er golfte bereits vor seiner Blindheit, die er durch eine Erbkrankheit erlangte. Momentanes HC: 24,0. Stets an seiner Seite: Gattin Gaby. Sie signalisiert ihm, wie er den Schläger aus zu richten hat. Dann zieht er durch – wuuuuusch! Absolute Klasseschläge.
Golfen seine Enkel auch bereits? „Die spielen lieber Blinde Kuh mit mir und sagen immer ‚Opa, Du brauchst keine Binde!’.“ Dann verstecken sie sich. Ivars Golf braucht sich vor gar nichts zu verstecken. Yvonne hingegen hadert: „Ich kann die Putt-Linie nicht sehen!“. Ivars: „Soll ich Dir meine Brille leihen?“
Noch stärker spielt Gerhard, einst ein Single-Handicapper, seit MS-Ausbruch bis jetzt jedoch bei 19,0 angelangt. Der Oberpfälzer fährt mit einem Cart. Am Ende der Runde verteilt er an uns Mitspieler je ein kleines Schnapsfläschchen. Ivars schüttelt sich und brummt: „Da wirst ja blind davon!“.
Im Umkleideraum freut sich ein Einarmiger über diesen Course, den er noch nie vorher gespielt habe und der ihm sehr zusage, denn der Platz sei sehr fair, er weise „keine blinden Löcher auf“. Zumindest für uns Sehende nicht.
Bei der abendlichen Tombola zischt Rolli-Fahrer Christian zu Ivars: „Hoffentlich passiert uns nicht das Gleiche wie beim letzten Turnier!“ Was war da? „Er, der Rolli“, sagt Ivars, „hat ein Fahrrad gewonnen. Und ich, der Blinde, ein Teleskop…“
Glück freilich an diesem Tag für viele: Wegen des miserablen CBA-Werts wird das vorgabewirksame Turnier so gewertet, dass niemand sich verschlechtert. „Na prima“, sagt Rollstuhlfahrer Christian, „war doch ein prima Tag – wir haben alle unser Handicap behalten…“
Wer Faszinierendes erleben will, sollte beim nächsten Mal zu gucken. Und vielleicht sieht er ja auch Ivars. Was ohne Zweifel ein ganz, ganz großes Glück ist. Denn mit ein ganz, ganz bisschen Pech und Lebens-Tragik könnte er ihn vielleicht ja auch nicht sehen.
Jupp Suttner
Infos: www.bayerischer-golfverband.de , Golfpark Aschheim: www.gp-ma.de