So werdet ihr ein Wyatt Earp des Golfplatzes! (Mit einem Lehrgang des BGV.)

VON JUPP SUTTNER  /// Die einen Golfclubs schreiben ihn mit einem l, den Marshal, die anderen mit 2 ll, als Marshall. Doch gemeint ist immer das gleiche: eine Person, die im Cart sitzt, über den Platz düst und die Oberaufsicht über die Spielenden ausübt. Die/der Marshall/in muss selbst nicht golfen können, doch das Spiel „verstehen“.

Ein Job, der euch reizen würde? Um beispielsweise in wunderbarer Natur (gut zu sehen auf dem Foto oben am Beispiel des GC Valley München) arbeiten zu können? Dann solltet ihr folgende Termine ins Auge fassen:

  1. Tag: Samstag, 19. März – Online-Seminar
  2. Tag: Samstag 23. April – Präsenzveranstaltung (wenn möglich)

Da findet nämlich ein Lehrgang des Bayerischen Golfverbandes zur Ausbildung als Marsall/in statt.

Die wichtigsten Inhalte laut BGV-Ausschreibung:

  • Aufgaben des Marshals
  • Golfregeln, Platzregeln, Start- und Richtzeiten
  • Maßnahmen zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebs
  • Grundlagen der Kommunikation, Umgang mit Spielern, Konfliktsituationen und deren Bewältigung (Theorie und Praxis)
  • Sondersituationen auf dem Platz (Spielabbruch, Medizinischer Notfall)
  • Aufrechterhaltung des Spielflusses
  • Rechtliche Grundlagen und Beziehungen

„Die Lehrgangsgebühr beträgt 215 Euro (brutto)“, teilt der BGV mit und „die Ausschreibung und Teilnahmebedingungen finden Sie hier.

Wichtig:

 „Jeder Teilnehmer muss vor der Veranstaltung einen Erste Hilfe-Kurs, nicht älter als 2 Jahre, nachweisen. Aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten, einen Erste Hilfe-Kurs zu belegen, kann dieser auch nachgereicht werden.“.

Hier geht es direkt zur Anmeldung

Meldeschluss ist der 15. März 2022

Weitere Infos: www.bayerischer-golfverband.de/seminare

Foto-Copyright: Jupp Suttner

 

Falls ihr euch noch vor dem Lehrgang intensiver mit dem Thema „Marshall“ beschäftigen wollt, dann lest einfach nachfolgende Story – ich habe sie vor etwa 15 Jahren für das Magazin golf spielen der Süddeutschen Zeitung geschrieben:

 

DER MARSHALL IST IMMER DAS ARSCHLOCH

 

Rosemarie P. drückt auf dem Golfplatz von E. hastig ihre Zigarette aus. „Mist“, faucht sie, „da kommt schon wieder der Blockwart!“ Der Marshall. Mit seiner mobilen Karre – und der mentalen Knarre. Nicht etwa, dass Rauchen in E. verboten wäre. „Aber ich weiß jetzt schon wieder“, zischt Rosemarie P. ihrer Flight-Partnerin zu, „was er sagen wird: ‚Vergessen Sie bitte nicht, meine Damen, Ihre Kippen wieder mit zu nehmen!’.“ Rosemarie P. könnte ihn „erwürgen wegen seiner Wichtigmacherei“.

 

Der Marshall. Es gibt im Grunde nur einen einzigen. Wyatt Earp. Doch es gibt andererseits ganz, ganz viele Wyatt Earps. Jeder Golfplatz besitzt einen. Zumindest fühlen zahllose Platzaufsichts-Keeper sich als wahre Wildwest-Hüter des Gesetzes. Treten entsprechend wuchtig auf. Und sind ebenso dementsprechend unbeliebt. Golfspieler mögen Marshalls in etwa so gerne wie U-Bahn-Kontrolleure, Zollbeamte und herrische Bademeister. „Der Marshall ist immer das Arschloch“, sagt uns Marshall Martin Moore auf dem öffentlichen Golfplatz von Atlanta Southwest. Und grinst. Er liebt es, das Arschloch zu sein.

 

Die Marshalls in Deutschland grinsen überhaupt nicht, wenn man ihnen diese A-These vorträgt. Aber Herbert Düsel lächelt zumindest darüber. Herber Düsel ist 65, Ex-Gärtner, Nicht-Golfer – und seit neun Jahren Marshall beim GC Mangfalltal, einem sehr schönen Club, ziemlich genau in der Mitte zwischen München und Rosenheim gelegen. Herbert Düsel lächelt deshalb, weil er genau weiß, dass diese Behauptung bei ihm nicht zutrifft. Im Gegenteil: Herbert Düsel ist bei den Mitgliedern des Clubs geradezu unendlich beliebt.

 

Jetzt zum Beispiel schlingt eine langbeinige Schöne die Arme um ihn und flüstert ihm etwas ins Ohr. Düsel nickt. Was hat sie gesagt? „Dass sich jemand auf dem 10. Loch ’reingeschnitten hat.“ Statt am ersten Loch seine Runde begonnen zu haben. „Ich habe meine V-Leute auf dem Platz“, sagt Düsel, „die erzählen mir alles. Dafür habe ich auch immer zwei Handys dabei.“ Wir steigen in sein Wägelchen. Die Windschutzscheibe ist zerborsten. Eine Schießerei? „Nein – ein Golfball“. Dann fahren wir los. „Ich weiß natürlich“, sagt Düsel, „wer der Mann ist, der da die Vorschriften missachtet hat – der Dr. Schreiber!“ Dr. Manfred Schreiber – Münchens ehemaliger Polizeipräsident. „Aber auch wenn er der prominente Polizeipräsident ist“, reckt Düsel das Kinn, „das muss ich beobachten!“

 

Nicht um den Ex-Polizeipräsidenten zu überführen und in die Arrestzelle des GC Mangfalltal zu sperren – sondern dass es keinen Ärger mit den nachfolgenden Flights setzt. Denn Düsel versteht sich in erster Linie als Vermittler zwischen allen Spielern auf dem Platz. Das war freilich nicht immer so. „Anfangs war ich voll im Jagdfieber – und wollte vor allem aufgreifen!“ Schwarzspieler aufgreifen. Golfer(innen) also, die sich auf der Runde befinden, ohne die Greenfee- oder Jahresgebühr entrichtet zu haben. „Ich wollte zwei Frauen inflagranti erwischen, raste den Berg ’runter – da überschlug sich der Wagen und rumpelte in ein Bachbett hinab!“ Düsel selbst hatte gerade noch „fluchtartig das Gefährt verlassen“ können. „Aber die zwei habe ich überführt!“

 

In anderer Hinsicht inflagranti würde Düser so manche Golf-Damen und –Herren erwischen – „abends, in der Dämmerung, wenn ich merke, dass noch ein Golfwagen fehlt. Ich pirsche mich da dann immer ganz diskret heran und verziehe mich wieder – denn mir geht es ja nur darum, was mit dem Wagen los ist“. Wie überhaupt Diskretion zu seinem Geschäft gehört: „Da bittet mich zum Beispiel eine Frau: ‚Wenn er fragt – dann sagst ihm bitte nicht, dass ich da war’!“ Er – der Ehemann. Und wenn er dann fragt – er? „Dann“, sagt Düsel, „sage ich ihm: ‚Nein – sie war nicht da!’.“

 

Denn Düsel liebt die Damen. Und sie ihn. Etwa Marianne. Marianne, bergauf etwas mühsam unterwegs, weigerte sich eines Tages strikt, zwei stramm marschierende junge Burschen durchspielen zu lassen. Düsel wurde streng und nahm ihr Trolly aus dem Spiel. Später versöhnten sie sich und Marianne gestand den Grund ihres Trotzes: „Die anderen Damen werden von Dir immer gedrückt – und ich nie!“ Seitdem wird auch Marianne gedrückt. Es werden im Grunde alle gedrückt, denn, so Düsel: „Ich habe einige besondere Beziehungen – und damit das nicht auffällt, muss ich es bei allen machen…“

 

Tröster, Drücker, Detektiv – ein fulltime-Job. „Sieben Tage die Woche“. Von früh bis spät. Gehalt: „325 Euro“. Urlaub? „Wenn hier Schnee liegt“. Und dann? „Dann laufe ich mit Langlauf-Ski über den Golfplatz – er ist meine Heimat“.

 

Jupp Suttner

 

 

Dazu folgendes Interview:

 

Herbert Düsel, 65, ist der Marshall des Golf- und Landclubs Mangfalltal bei Feldkirchen-Westerham, zwischen München und Rosenheim gelegen. „An Ihnen“, sagt Club-Präsident Dr. Albert Schmöger während unseres Gespräches im Vorbeigehen zu seinem Marshall. „ist ein Diplomat und Psychologe verloren gegangen!“ Unser Interview beweist es.

 

Wie wird man Marshall?

 

Herbert Düsel: Ganz einfach. Der Club hat die Position ausgeschrieben – und ich habe mich beworben. Ein idealer Rentner-Job, dachte ich. Meine Tochter ist beim Zoll, hat immer nur mit griesgrämigen Menschen zu tun und riet mir, das zu machen: Da hätte ich immer nur mit gut aufgelegten Leuten zu tun – weil die sich ja in ihrer Freizeit befinden.

 

Warum spielen Sie nicht selbst Golf?

 

Düsel: Mir gefällt Golf und ich sehe gerne zu, weil es eine ruhige friedliche Sportart ist, ohne Geschrei. Aber selbst? Nein danke – wenn ich sehe, wie die Anfänger leiden. Ich muss viele motivieren, dass sie dabei bleiben. Ich zeige ihnen dann immer Spieler, denen es ähnlich ging, die auch wieder aufhören wollten – und heute prima spielen. Ich vermittle auch zwischen den Menschen. Da gab es zum Beispiel einen Professor, Beginner – der hatte ganz griesgrämg-strenge Mitspieler, die ihm vorwarfen, Range-Bälle zu benutzen. Stimmte aber nicht. Er wollte sofort mit dem Golfen Schluss machen. „Sitzen Sie auf“, sagte ich zu ihm, fuhr ihn zu einem anderen Flight, machte ihn mit netten Mitgliedern bekannt – er ist heute noch dabei.

 

A propos „Rangebälle“ – manche benutzen sie ja regelmäßig vor Wasserhindernissen. Wie gehen Sie da vor?

 

Düsel: Da gibt es nur zwei, die das machen – ältere, verdiente Herren. Ich kenne sie. Sie stellen dann immer den Fuß auf den Ball, wenn ich komme, oder spitzeln ihn rasch weg. Bei denen mach’ ich gar nichts…

 

Und was machen Sie bei 5er-Flights?

 

Düsel: Die gibt es immer wieder und die muss ich natürlich trennen. Aber zwei Löcher später sind sie schon wieder zusammen – manchmal bräuchte ich einen Hubschrauber! Auch dann, wenn wieder mal jemand kollabiert. Denn manche überfordern sich einfach im Alter. Ich bin dann sofort dort und lege ihnen die Beine hoch. Das Gegenteil des Alters – die Jugend: Wir hatten ein Pärchen mit Kleinkind. Er passte im Klubhaus auf das Baby auf – sie spielte. Als die Stillzeit kam, holte ich sie mit dem Wagen – dann spielte er…

 

Gibt es eigentlich einen Marshall-Kongress, bei dem sich einmal im Jahr alle Platzhüter treffen und ihre Erfahrungen austauschen?

 

Düsel: Bestimmt. Aber ich persönlich weiß nichts davon – ich kenne auch keine andere Marshalls. Höre aber von ihnen – von unseren Mitgliedern, wenn sie auf anderen Plätzen gespielt haben.

 

Und was erzählen die?

 

Düsel: Dass in X und in Y ganz, ganz scharfe Marshalls sind – und mit dem von Z ist ein Mitglied von uns bereits drei Mal zusammen gestoßen!

 

Sind Sie selbst auch so ein Scharfer?

 

Düsel: Ich bin der Meinung, dass man die Regeln nicht immer ganz streng durchsetzen darf. Man hat langjährige Spieler einerseits und Anfänger andererseits – und die müssen gut miteinander auskommen. Wenn sie zu langsam spielen, lasse ich sie aufsitzen und fahre sie zwei Löcher weiter. Ich muss die Lücken ausfüllen.

 

Gibt es da gelegentlich Ärger?

 

Düsel: In acht Jahren haben sich erst zwei Spieler so richtig geweigert. Sie fragten: „Müssen wir das?“ Ich sagte nein, aber es wäre vernünftig. Sie blieben bei ihrer Weigerung. Haben dann aber nach dem 9. Loch von selbst aufgehört, weil es zu ungemütlich für sie wurde.

 

Werden Sie angemotzt?

 

Düsel: Sicher sind manche manchmal schlechter Stimmung und ich bringe sie nicht einmal mit freundlichen Worten in gute Laune. Aber irgendwann brauchen sie mich schon! Wenn sie einen Schläger liegen gelassen haben, neue Bälle benötigen weil sie alle verschlagen haben oder im Sommer ein Getränk wünschen…

 

Setzen Sie Psycho-Tricks ein?

 

Düsel: Ja, ich sage Langsamspielern: „Hinter euch sind schlechtere Handicaps – und die sind schneller als ihr!“ Das hilft immer. Und wenn das nichts nützt, schlage ich eine Pause vor und sage den Männern: „Wir haben einen guten Wirt!“ Und den Frauen: „Wir haben einen feschen Wirt!“

 

Gibt es bei Ihrer Klientel einen Unterschied zwischen Männern und Frauen?

 

Düsel: Einen gewaltigen! Frauen sind die Seele eines Klubs. Und mit Frauen kann man viel besser arbeiten als mit Männern. Frauen können meine Aufgabe eher nachvollziehen – sie sind einfühlsamer und erfassen das viel schneller. Männer haben immer das Gefühl, dirigiert zu werden. Man muss bei ihnen mehr argumentieren und Zeit aufwenden – bis sie die Sache auch wirklich kapieren wollen.

 

Was sind denn so die Ausreden, wenn sie „Schwarzspieler“ erwischen?

 

Düsel: „Ich hatte versehentlich kein Geld dabei“, „Es war kein Geldautomat auf dem Platz“, „Wir wussten nicht, wie das Wetter wird“, „Ich habe doch die Driving Range bezahlt – und wollte nur rasch zwei Löcher spielen“, „Ich habe die ersten neun ja bezahlt – und wollte nur noch schnell das zehnte spielen“ – und so weiter.

 

Eine peinliche Situation…

 

Düsel: Ich kenne unsere Mitglieder schon von weitem an der Statur und wie sie sich bewegen. Also fallen mir Nichtmitglieder sofort auf und ich kontrolliere sie. Manche erwische ich dann – mit einer ein Jahr alten Greenfee-Karte etwa. Aber die ganz bewusste Schwarzspielerei gibt es bei uns fast nicht mehr. Die meisten haben eine plausible Erklärung – etwa, dass das Sekretariat geschlossen war und sie nicht verstanden haben, wie das mit der Greenfee-Station funktioniert und deshalb hinterher bezahlen wollten. Man kriegt in diesem Job zwar Menschenkenntnis und spürt, ob jemand die Wahrheit sagt. Aber ich kann kaum beweisen, dass sie lügen…

 

Was machen Sie dann?

 

Düsel: Freundlich bleiben. Denn dann kommt er wieder – als zahlender Greenfee-Spieler. Und viele Schwarzspieler, die ich erwischt habe, sind nun Mitglieder bei uns! Und bei Frauen, die über meine Kontrollen empört sind, lächle ich und sage: „An Ihren schönen Augen alleine kann ich das leider nicht fest stellen!“

 

Und was machen Sie, wenn eine Frau in Spagetti-Trägern statt mit Polohemd antritt?

 

Düsel: Auf so was werde ich immer von anderen Frauen hingewiesen. Ich fahre dann hin und sage: Gnädige Frau, mir persönlich gefällt’s – aber es wird reklamiert.

 

Was passiert mit Männern in Jeans?

 

Düsel: Das wurde mir auch mal mitgeteilt: „Siehst Du das nicht, mit welcher Kleidung der spielt – das ist unerhört!“ Ein junger Mann mit diesen modischen Löchern in den Jeans. Ich sagte: „Aber er spielt doch sehr gut und hält niemand auf!“ Musste aber trotzdem hin – weil ein Unfrieden auf dem Platz war. Der junge Mann hatte keine andere Hose dabei. Also fuhr ich ins Sekretariat, kam mit einer Schere zurück – und wir schnitten sie an Loch 11 ab. Dann war wieder Frieden auf dem Platz.

 

Interview: Jupp Suttner

 

 

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