Im Fernsehen und Ferienprospekten sieht alles immer sensationell gepflegt aus, wenn die Greenkeeper gut gearbeitet haben. Sanft gewellte, tiefgrüne Bahnen winden sich an Seen vorbei, oder sind von hohen Bäumen gesäumt, vielleicht gar bei Sonnenuntergang. Oder man sieht ein perfektes Rund mit einer Fahne mittendrin, daneben ein weisser Strand, am Horizont vielleicht gar ein hoher Berg. In der Praxis ist es oft anders: als Golfer ärgert man sich über zersprungenen Bälle, weil mal wieder eine kahle Stelle oder ein Loch in der Bahn den Ball abgelenkt hat. Auf dem Grün will der Ball gar nicht so rollen, wie man sich das gewünscht hatte, viel zu schnell, oder viel zu langsam, oder von so machen Wurmloch oder Schimmelflecken abgelenkt.
So kann es passieren, dass man sich entweder an einem wunderbaren Grasteppich berauscht, und dabei vergisst, dass man eben noch viel Geld an der Kasse des Golfplatzes gelassen hat, oder man ärgert sich darüber, dass die Betreiber der Anlage offenbar zu wenig investieren und schwört sich, hier nie wieder hinzukommen, und macht es dennoch.
Ich vermute nur wenige wissen, wieviel Arbeit und Aufwand zu einem “gepflegten Platz” führen, und was eigentlich genau gemacht wird. Auch ich wusste es nicht so genau und suchte daher in der Nähe meines Wohnortes nach einem “Greenkeeper” – so heissen die Experten – der bereit war, mir Auskunft zu geben.
Am “Golf du Rhin” wurde ich fündig. Monsieur Bontemps begrüsste mich freundlich auf dem Werkhof des Clubs. Diese Hallen und Maschinenparks liegen zumeist irgendwo am Rande eines Golfclubs, versteckt hinter Bäumen oder Zäunen. Und doch: ohne die Arbeit der Greenkeeper gäbe es weltweit kaum einen spielbaren Golfplatz.
Fahrzeuge
Die erste Überraschung: die Anzahl und Vielfalt an Fahrzeugen. Natürlich hatte ich gelegentlich einen Mähtraktor auf einem Golfplatz gesehen, aber hier standen bestimmt 20 Geräte oder mehr, teils aufgereiht im Freien, teils in einer grossen Halle. Die meisten kommen wohl nur dann zum Einsatz, wenn die Golfer nicht auf dem Platz sind: Spezialmaschinen, um das Gras der Fairways zu schneiden. Spezialmaschinen, um die Sandbunker aufzulockern, Wagen, um gebrochene Äste und anderes Grüngut abzutransportieren, Häcksler, Gebläse, um Blätter und anders von den Bahnen zu entfernen, Spezialanhänger, um Bio-Dünger auszubringen und viele mehr. Wahrhaft erstaunlich. Es gibt offenbar nur wenige Firmen, die solche speziell auf Golfplätze zugeschnittene Maschinen herstellen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch in diesem französischen Club viele Maschinen aus den USA zum Einsatz kommen.
Dieser “Golf du Rhin” liegt übrigens im Elsass, im Grenzgebiet zwischen Frankreich und Deutschland, mitten im Rhein sozusagen. Denn auf der einen Seite der langgezogenen Anlage fliesst der “Grand Canal d’Alsace”, auf dem die grossen Lastkähne ihre Bahnen ziehen. Auf der anderen Seite fliesst der Altrhein, ein Paradies für Vögel und andere Lebewesen. Diese Lage begünstigt ein Mikroklima, das zum einen üppiges Wachstum auf diesem Landstrich erlaubt. Zum anderen erlaubt es Golfspiel das ganze Jahr über, auch auf “Sommergrüns”, ausser an den wenigen Frost oder Schnee-Tagen.
Sand
Nachdem mir eine Maschine nach der andern erklärt wurde kam die nächste Überraschung. Mir war nie bewusst, dass es drei Arten von Sand gibt, die – zumindest in diesem Club – verwendet werden. Fein nach der Grösse des Korns sortiert lagen die Haufen in grossen, abgetrennten Bereichen auf dem Werkhof. M. Bontemps, der fast 9 Jahren als Greenkeeper eine Gruppe von 7 Gärtnern und Arbeitern leitet, erklärt. Da gibt es zum einen den Sand für die Bunker. Im Silo daneben liegt ein dunklerer Sand, der mit organischem Material angereichert ist und bei den Abschlägen verwendet wird. Und im einem weiteren Silo liegt der Sand, der in die Grüns eingearbeitet wird. Sand ist also nicht gleich Sand, und daher stammt der Sand auch aus unterschiedlichen Gegenden. Der helle, sehr feinkörnige Bunkersand zB, der nur auf guten Golfanlagen zu finden ist, kommt hier aus Strasbourg, was jedenfalls nicht allzu weit entfernt ist.
Dünger
M Bontemps führt mich hinter die Halle. Hier liegen grosse, aufgestapelte, weisse und braune Plastiksäcke, jeder einzelne viel zu schwer, um von einem Menschen gehoben zu werden. Darin liegt zusammengepresster Dünger. Kritiker von Golfplätzen meinen oft, es werde viel zu viel gedüngt, und Golfspieler, die sich über harte, fleckige Spielbahnen ärgern, meinen, es werde viel zu wenig gedüngt. M Bontemps, der immerhin einen mehrjährige Spezialausbildung und eine staatliche Abschlussprüfung vorweisen kann, erklärt mir stolz, dass der Club ein “GEO-Zertifikat” hat. Die GEO Auszeichnung wird nur besonders ökologischen und nachhaltig betriebenen Anlage verliehen. Was bedeutet das der Praxis in diesem Club?
Nun, zum einen wird versucht, möglichst wenig Dünger zu verwenden. Der Dünger ist zudem nicht aus einer Chemiefabrik, sondern ist zum grössten Teil organisch, genauer gesagt: Kot aus Hühnerfarmen. Wenn gedüngt wird, riecht es halt ein wenig, aber das geschieht ja nur an wenigen Tagen im Jahr. In der Tat: insgesamt sind es gar nicht so viele Säcke, die bisher verbraucht worden sind und die für die verbleibenden Monate des Jahres noch auf Vorrat liegen.
Wasser
Ein weiterer kritischer Punkt ist natürlich das Wasser. Viele wundern sich, wenn zB mitten in gelben Wüstengebieten sattgrüne Golfplätze die gut zahlenden Golftouristen anlocken. Wenn dazu kostbares Grundwasser gebraucht wird, ist die Sorge berechtigt. Anders ist es, wenn, wie zB oft in Spanien oder manch anderen Ländern zur Bewässerung geklärte Abwässer aus den Häusern des “Golf-Resorts” genutzt wird. Hier, am Golf du Rhin, ist natürlich reichlich Wasser vorhanden, im Grund, im Rhein nebenan. Und dennoch ist auch für diesen Club das Wasser nicht kostenlos. Der Verbrauch wird gemessen, und der Club muss entrechtend zahlen. Selbst in diesem wasserreichen Gebiet hat die Anlage über 300 Sprinkler. Während der Bewässerung werden 200 Kubikmeter Wasser pro Stunde verteilt, bis zu 1000 Kubikmeter pro Tag. Je nach Wetter können das 75000 Kubikmeter pro Jahr werden, erklärt M Bontemps.
Die Klimaerwärmung macht auch vor dieser Region nicht halt. Aber anstatt jedes Jahr mehr Wasser zu verbrauchen, werden die Grassorten geändert und mit jeder Neusaat Sorten verwendet, die weniger Wasser brauchen. Zudem sorgt ein dichter und alter Baumbestand dafür, dass nicht alle Spielbahnen stets der heissen Sommersonne ausgesetzt sind.
Grün
Wir besichtigten dann noch eines der Grüns. Das Loch, in das der Ball ja am Ende einer jeden erfolgreichen oder frustrierenden Golfbahn hinein soll, wird alle paar Tage an eine andere Stelle versetzt. Würde das nicht geschehen, wäre das spezielle Gras, kurz geschnitten und gewalzt, in der Nähe des Loches unansehnlich, oder abwetzt von den vielen Fussabdrücken. Mit einem speziellen Gerät wird ein Loch aus dem Rasenteppich herausgestanzt. Etwa tellergross ist das entnommene Teil, mit dem das vorherige, ältere Loch einfach zugemacht wird. Etwas fest drücken, kurz bewässern und in wenigen Minuten ist das Loch verlegt.
Ein gutes Grün ist aber nicht einfach ein Teil der Wiese mit einem Loch mit Fahne irgendwo in der Mitte. Einige Wochen Arbeit kostet die Anlage eines neuen Grüns: Mehrere Schichten Steine, Substrat, Sand und Gras müssen aufgeschichtet werden, damit am Ende eine wasserdurchlässige und dennoch gleichmässige, feste Fläche entsteht, auf der dann Golfer jubelnd die Arme hochreissen können, oder am liebsten ihre Schläger zertrümmerten würden.
Doch letzteres verbietet der Anstand und die “Etikette” auf dem Golfplatz. Tja, Frust und Freude des Golfspielens liegen – mehr als man glaubt – in der Hand der oft unsichtbaren Greenkeeper. Sie verdienen Lob und Bewunderung.
Der Film zum Interview ist auf YouTube zu sehen: https://youtu.be/Jj1qC0pwUJ8
Video über den Golf du Rhin: https://youtu.be/w8-UXbmN1Os